Nachhaltige Schaffung von sozial gefördertem Wohnraum

Antrag zu den nächsten Sitzungen von Planungs- und Umweltausschuss, Hauptausschuss und Rat der Stadt Dormagen 

 Beschlussvorschlag 

Die Verwaltung wird beauftragt, alternative Wege zu prüfen und gegebenenfalls zusätzliche Wege aufzuweisen, sozial geförderten Wohnraum in städtischem Besitz zu schaffen. Hierbei sollen die Möglichkeiten und finanziellen Auswirkungen der Gründung einer eigenen städtischen Wohnungsbaugesellschaft mit denen der Zusammenarbeit mit Generalunternehmern bezüglich Bau und Verwaltung von Sozialwohnungen verglichen und dem Rat dargestellt werden. Auch die Chance zu einer interkommunalen Zusammenarbeit soll dargestellt werden. Insbesondere sollen Gespräche mit lokalen Anbietern des sozialen Wohnungsbaus und in diesem Bereich erfolgreichen Kommunen aufgenommen werden, um deren Bereitschaft zu erfragen, als Auftragnehmer der Stadt Wohnraum zu bauen und zu verwalten. 

Begründung 

In den aktuellen Sitzungen von Hauptausschuss (21.02.2019) und Rat (26.02.2019) der Stadt Dormagen beschäftigte sich die Politik mit der Beratungsvorlage der Verwaltung „Allgemeine Grundsätze für die Schaffung von Wohnraum und die Vergabe städtischer Grundstücke für den Geschosswohnungs- und Reihenhausbau“. Wesentliche Ergebnisse der Beratungen und der Vorlage sind: 

Der Bedarf an Sozialwohnungen ist groß… 

„Die Bedarfe in der sozialen Wohnraumversorgung steigen an; gleichzeitig wird das Wohnen teurer und die Zahl der Sozialwohnungen sinkt. Knapp die Hälfte der Menschen in NRW haben Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein, darunter viele alte Menschen. Die Problematik bezahlbaren Wohnraums ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.“ (Seite 2f)

Wenn jeder zweite Mensch in NRW einen Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein hat, dann umfasst diese Personengruppe nach dem Mikrozensus 2017 Singlehaushalte mit einem (Median-) Einkommen von etwa 1400 EUR und Dreipersonenhaushalte mit einem (Median-) Einkommen von weniger als etwa 3400 EUR2 monatlich. 

…und wird größer 

„In NRW hat sich der Bestand an Sozialwohnungen seit der Jahrtausendwende fast halbiert. In Dormagen ist die Entwicklung ähnlich. Allein in den vergangenen 5 Jahren (31.12.2012 bis 31.12.2017) sind 470 Mietwohnungen aus der Sozialbindung gefallen. Das entspricht 38 % des Bestandes und 94 Wohnungen pro Jahr. Trotz Erschließung mehrerer Neubaugebiete sind nur 29 neue Sozialwohnungen geschaffen worden.“(Seite 3)

„Der Bestand an Sozialwohnungen nimmt durch Ablauf der Bindungsfristen weiterhin ab und eine Kompensation durch den Bau neuer Sozialwohnungen hat nicht stattgefunden. Laut einer Berechnung der NRW Bank wird der Bestand in Dormagen von 2017 bis 2035 um weitere 29 % zurückgehen (zukünftige Bewilligungen nicht berücksichtigt). Neubau und Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gehen deutlich auseinander.“ (Seite 4)

Ziel des Antrags ist, dass die Mietpreisbindung bei sozialem Wohnungsbau nach einem bestimmten Zeitraum nicht erlöschen kann und dass die Wohnungen nicht ohne städtischen Beschluss in den freien Wohnungsmarkt übergehen dürfen. Soll der städtische Wohnungsmarkt nachhaltig und bedarfsgerecht gestaltet werden, dann zwingt sich die Idee eigener städtischer Wohnungen förmlich auf. 

„Zum 31.10.2018 waren bei der städtischen Wohnungsabteilung 192 Haushalte gemeldet, die eine Sozialwohnung suchen. Insbesondere kleine Haushalte, die ein Appartement oder eine 2-Zimmer-Wohnung suchen und Familien mit mehr als drei Kindern, die eine 4- oder 5-Zimmer-Wohnung suchen, haben auf dem hiesigen Wohnungsmarkt kaum Chancen.“ (Seite 4)

Der vorhandene Bedarf sollte durch Geschosswohnungsbau und den Bau von Reihenhäusern gedeckt werden. Hierzu ist die Erschließung von größeren Neubaugebieten nicht zwingend erforderlich, auch Baulücken können von der Stadt genutzt werden. Sowohl die Wohnungsbedarfsanalyse des Rhein-Kreises Neuss als auch die Wohnraumbedarfsanalyse des Rhein-Erft-Kreises weisen einen deutlichen Bedarf an Wohnraum bis 2030 auf – die Verwaltung fasst dies so zusammen: 

„Rechnerisch müssten von 2019 bis 2030 pro Jahr rd. 53 Sozialwohnungen entstehen.“ (Seite 6)6 

Von diesem Ziel ist die Stadt derzeit weit entfernt, durch den vorliegenden Antrag soll ein alternativer Weg ausgelotet werden, um diesem Ziel nachhaltig näher zu kommen. Hierbei geht es nicht zwingend darum, eigene Kompetenzen im Bereich von Bau und Verwaltung von Wohnungen in der Stadt zu schaffen, sondern in erster Linie um eine zielführende Kooperation mit der lokalen Privatwirtschaft oder im Rahmen einer interkommunalen Zusammenarbeit mit einer Kommune, in der diese Kompetenzen vorhanden sind.

Tim Wallraff, Fraktionsvorsitzender 


Fußnoten:

1 Krumbein, Robert: Beratungsvorlage Nr. 9/1710: Allgemeine Grundsätze für die Schaffung von Wohnraum und die Vergabe städtischer Grundstücke für den Geschosswohnungs- und Reihenhausbau; Dormagen: 2018 

2 Erdmann, E.; Gatzke, M.; Stahnke, J.; Tröger, J.: Wer ist Mittelschicht? vom 06.12.2018, zitiert nach https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-12/mittelschicht-einkommen-deutschland vom 04.03.2019 

3 ebenda 

4 ebenda  

5 ebenda  

6 ebenda